Forschungsprojekt

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Ansprechpartner Prof. Dr. Christian Wiese|Prof. Dr. Yossef Schwartz|PD Dr. Elke Morlok|Prof. Dr. Nathan Gibson|Prof. Dr. David Käbisch|Prof. Dr. Armina Omerika|Prof. Dr. Bekim Agai|PD Dr. Susanne Fehlings|Prof. Dr. Ömer Özsoy

Konstellationen der ‚Nachbarschaft‘ in jüdischen, christlichen und islamischen Kontexten

Judentum, Christentum und Islam haben sich historisch in enger räumlicher, religiöser und kultureller Nähe zueinander entwickelt und bleiben bis in die Gegenwart in ihren pluralen und dynamischen Selbstverständnissen gleichzeitig dialogisch und konflikthaft aufeinander bezogen. Auf der Grundlage von Forschungen zur miteinander verflochtenen Geschichte der religiösen, kulturellen und politisch-sozialen Dynamiken zwischen jüdischen, christlichen und islamischen Traditionen, Kulturen und Gemeinschaften zielt das Projekt auf eine interdisziplinäre, theologisch, religionswissenschaftlich und -philosophisch, historisch, kulturwissenschaftlich, soziologisch und bildungstheoretisch fundierte Analyse der vielgestaltigen religiösen, kulturellen und sozialen ‚Nachbarschaften‘ zwischen den drei Religionen, mit einem historischen und geographischen Schwerpunkt auf der Epoche seit dem späten Mittelalter in Europa, im Nahen Osten und bis hin zu lokalen und globalen Kontexten im 20./21. Jahrhundert.

Die für das Projekt zentrale Metapher der ‚Nachbarschaften‘ ermöglicht einen dreifachen methodischen Ansatz. Erstens lassen sich mit ihrer Hilfe im Gespräch religionsbezogener Forschung u.a. mit der Soziologie und den Urban Studies konkrete soziale Erfahrungen von Zusammenleben, religiös-kultureller Vielfalt, Zugehörigkeit, Exklusion oder Ghettoisierung, Vertrauen und Fremdheit, Gastfreundschaft und Nachbarschaftskonflikten beschreiben. Am Beispiel urbaner Zentren in Geschichte und Gegenwart sollen auf dieser Grundlage Fragen nach den interreligiösen Beziehungen zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Gemeinschaften in diversen – multireligiösen oder teilweise säkularen – Zusammenhängen und unter unterschiedlichen Machtverhältnissen untersucht werden.

Im übertragenen Sinne sollen mit dem Konzept der ‚Nachbarschaften‘ zweitens Phänomene des kulturellen Austausches und Wissenstransfers miteinander verflochtener Religionen interpretiert werden. Dazu gehören kulturelle Wechselwirkungen im Bereich von religiösem Recht, von Sprache, der Übersetzungen religiöser Texte, von philosophischem und mystischem Denken, von dialogischen Bezugnahmen auf den Glauben und die Kultur anderer Traditionen, aber auch deren polemische Bestreitung. Das Projekt soll die beiden Facetten des Begriffs der ‚Nachbarschaften‘ miteinander verbinden und auf diese Weise möglichst konkrete Einblicke in die Zusammenhänge religiös-kultureller und politisch-sozialer Beziehungen und Wahrnehmungen in unterschiedlichen historischen Kontexten erhalten. Die dritte Dimension der ‚Nachbarschaft‘, die es zu analysieren gilt, ist die des nachbarschaftlichen Konflikts über die jeweiligen religiös-kulturellen Geltungsansprüche. Mit Blick auf gegenwärtige gesellschaftliche Debatten über religiöse Vielfalt, fundamentalistische Tendenzen und religiös motivierte Gewalt soll das Potenzialfeld mit Hilfe u.a. konfliktsoziologischer und differenzhermeneutischer, aber auch pädagogischer Zugänge systematisch erforschen, welche Ressourcen unterschiedliche Strömungen der drei monotheistischen Religionen besitzen, um konstruktiv mit religiöser Vielfalt und Differenz umzugehen und Traditionen des wechselseitigen Respekts zu entwickeln.

 

Sprecher*innen:

Prof. Dr. Christian Wiese (Jüdische Religionsphilosophie)

Prof. Dr. Armina Omerika (Ideengeschichte des Islam)

 

Prof. Dr. Bekim Agai (Kultur und Gesellschaft des Islam in Geschichte und Gesellschaft)

PD Dr. Susanne Fehlings (Ethnologie / Sozial- und Kulturanthropologie

Prof. Dr. Nathan Gibson (Jüdisch-islamische Beziehungen in Geschichte und Gegenwart)

PD Dr. Elke Morlok (Judaistik)

Prof. Dr. Ömer Özsoy (Koranexegese)