Forschungsprojekt

Wissenschaft des Judentums in Europa. Die Korrespondenzen des Breslauer Historikers Markus Brann (1849–1920)

Das Editionsprojekt beruht auf dem wissenschaftlichen Nachlass des Historikers und Heinrich Graetz-Schülers Markus Brann (1849–1920). Branns Name ist in erster Linie mit dem Breslauer Jüdisch-Theologischen Seminar und der „Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums“ (MGWJ) verbunden. Ziel der Edition ist es, die umfangreichen Korrespondenzen von Markus Brann mittels eines repräsentativen Ausschnitts erstmals für die Benutzung zu erschließen und damit einen Beitrag zur Wissenschaftsgeschichte im Allgemeinen und zur Geschichte der Wissenschaft des Judentums im Besonderen zu leisten.

 

Markus Mordechai Brann wurde am 9. Juli 1849 in Rawitsch/Posen (poln. Rawicz) geboren. Er besuchte ab April 1868 die Rabbinerausbildung des Jüdisch-Theologischen Seminars in Breslau und studierte daneben an der Universität Breslau, wo er 1873 zum Dr. phil. promoviert wurde. Drei Jahre später erwarb Brann das Rabbinerdiplom. Nach der staatlichen Lehrerprüfung war Brann zunächst als Hilfsprediger und Religionslehrer der Breslauer Jüdischen Gemeinde tätig. Im Jahr 1883 übernahm er als Direktor das Auerbachsche Waisenhaus in Berlin. Zwei Jahre später wurde er auf eine Rabbinerstelle in Pless/Schlesien (poln. Pszczyna) berufen. Ende 1891 trat er die Nachfolge von Heinrich Graetz (1817–1891) am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau an. Dort unterrichtete er bis zu seinem Tod am 26. September 1920 Bibelexegese, jüdische Geschichte und Literatur und amtierte zugleich als Bibliothekar des Seminars.

 

Markus Branns Korrespondenzen, die den Zeitraum zwischen ca. 1875 bis zu seinem Tod 1920 umfassen, sind besonders von seiner Dozenten- und Bibliothekarstätigkeit am Breslauer Jüdisch-Theologischen Seminar, seinen akademischen Mitgliedschaften und Tätigkeiten und von der Redaktion der „Monatsschrift“ geprägt. In den Jahren 1891/1892 belebten David Kaufmann (1852–1899), Professor am Rabbinerseminar in Budapest, und Brann diese bedeutsame Zeitschrift der Wissenschaft des Judentums wieder. Nach Kaufmanns Tod 1899 gab Brann die „Monatsschrift“ bis zu seinem Tod 1920 in eigener Verantwortung heraus. Brann und seine Korrespondenten erörterten in ihren Schreiben inhaltliche Aspekte im Kontext der in der „Monatsschrift“ erschienenen Artikel und thematisierten methodologische, politische und kulturelle Fragen, die mit der Wissenschaft des Judentums in Europa und der Situation der jüdischen Minderheit vor allem in Deutschland zusammenhingen. Daneben korrespondierte Brann auch mit nichtjüdischen Gelehrten, die zur Forschung jüdischer Geschichte und Kultur beitrugen, etwa mit dem protestantischen Theologen Hermann L. Strack (1848–1922).

Das Editionsprojekt wird durchgeführt in Kooperation mit dem Akademieprojekt im Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig. Zu Jahresbeginn 2024 erscheint die Briefauswahl unter folgendem Titel: Zur Wissenschaft des Judentums. Aus der Gelehrtenkorrespondenz Markus Branns [Bibliothek jüdischer Geschichte und Kultur, Bd. 4] (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht), hrsg. von Christian Wiese und Daniel Ristau.