Forschungsprojekt

Die Toten unter den Lebenden: Jüdische Trauerpraktiken nach der Shoah

Das Forschungsprojekt „Die Toten unter den Lebenden“ untersucht die eng zusammenhängenden, aber selten zusammen gedachten Themenfelder Tod, Trauer und Weiterleben nach der Shoah. In dieser Studie werden die Trauerpraktiken von aus Deutschland geflohenen Jüdinnen und Juden bzw. von Shoah-Überlebenden betrachtet, indem konkret erörtert wird, wie sie mit jenen verstorbenen Angehörigen in Beziehung traten, die in einer Zeit des Massenmords in Einzelgräbern nach jüdischer Tradition an ihren letzten Wohnorten zur Ruhe gelegt wurden. Dabei wird versucht, Antworten auf die Frage zu finden, wie bzw. ob jüdische Trauerpraktiken sich im Schatten der Shoah veränderten, nachdem die Trauernden durch Flucht und Vertreibung von den Gräbern getrennt wurden? Jüdische Friedhöfe werden nicht als letzte steinerne Zeugen jüdischen Lebens verstanden, sondern als kulturelle Trauerorte, an denen die Präsenz von Juden im Nachkriegseuropa aufgezeigt werden kann. Konkret sollen die Trauerpraktiken deutscher Juden nach der Shoah anhand der Betrachtung jeweils zweier großstädtischer (Berlin und Frankfurt am Main) und zweier ländlicher Gemeinden (aus Baden und Bayern) aufgezeigt werden. Das geplante Forschungsvorhaben wirft damit Licht auf individuelle, private Praktiken des Totengedenkens, die sich gänzlich von öffentlichen Gedenkritualen, wie zum Beispiel Gedenkmärschen oder Yizkor-Büchern, unterscheiden und deren Ausdrucksformen ein ganz zentraler Gegenstand des Fachs Judaistik sind. Dieser innovative Zugang über die Trauerpraktiken soll einen facettenreicheren Einblick in die Wirkung der Shoah bis tief in die Alltagskultur des modernen Judentums und ihrer transnationalen Konstellationen erlauben.“